Polizeibeamte versammlen sich anlässlich einer 1.-Mai-Demonstration in Berlin. © dpa/picture alliance
  • Von Redaktion
  • 15.06.2016 um 18:17
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Immer wieder hört man, dass man Beamte gar nicht gegen Berufsunfähigkeit versichern kann, sondern nur gegen Dienstunfähigkeit. „Stimmt das?“, fragten wir BU-Experte Stephan Kaiser. Hier kommt seine Antwort.

Kurz gesagt: Nein, das stimmt nicht. Der Argumentation, Beamter sei kein Beruf, sondern nur ein Zustand, folgend, könnte man auch keinen Angestellten versichern, da hier dasselbe gilt. Man versichert letztlich den „angestellten Einzelhandelskaufmann“ oder analog den „verbeamteten Gymnasiallehrer“.

Aber von vorn. Was ist eigentlich der Beruf im Sinne einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)? Das Landgericht Bonn hat das einmal so definiert: „Beruf […] ist daher in objektiver Hinsicht nur eine echte, auf Dauer angelegte, dem Erwerb des Lebensunterhalts dienende, plan- und regelmäßige Tätigkeit im Rahmen der Sozialordnung.“

Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zählt

Nicht nur der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird das dahingehend verstehen, dass der verbeamtete Gymnasiallehrer einen Beruf ausübt, sondern auch der durchschnittliche Versicherer. Weshalb die meisten unter ihnen unserem verbeamteten Gymnasiallehrer auch eine BU-Absicherung anbieten. Im Leistungsfall ist dann nach vorwiegender Meinung auch beim Beamten auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung abzustellen.

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Ob sich diese Rechtsmeinung im Hinblick auf das Zuweisungsrecht des Dienstherrn auf andere Verwendungsmöglichkeiten (quasi analog zur Umorganisationsklausel bei Selbstständigen) nicht irgendwann ändert, sei dahingestellt. Vereinzelt argumentieren Gerichte schon so.

Ist eine DU-Klausel sinnvoll?

Beamte gegen BU zu versichern, ist in der Regel also möglich. Eine wichtige Frage ist nun, ob es für den Beamten ausreichend ist, eine BU abzuschließen, oder ob er nicht besser eine Dienstunfähigkeits(DU)-Klausel vereinbaren sollte.

Vor einigen Jahren war folgende Definition der DU-Klausel üblich: „Bei Beamten des öffentlichen Dienstes gilt die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit beziehungsweise die Entlassung wegen Dienstunfähigkeit als vollständige Berufsunfähigkeit.“

Anmerkung: Versetzt wird der Beamte auf Lebenszeit, entlassen der Beamte auf Widerruf oder Probe; wird also die Entlassung wegen Dienstunfähigkeit in einer Klausel nicht erwähnt, gilt sie nur für Beamte auf Lebenszeit. Vereinbart der Versicherer diese Klausel, unterwirft er sich vollständig der Entscheidung des Dienstherrn ohne Möglichkeiten einer Verweisung oder einer Nachprüfung. Der Jurist spricht in diesem Zusammenhang von der „unwiderleglichen Vermutung“ der Berufsunfähigkeit.

Schlechte Erfahrungen mit Post und Bahn

Klauseln dieses Wortlauts waren lange Zeit üblich, weil die Versicherer davon ausgingen, dass der Dienstherr einen Beamten nur dann, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, in den vorzeitigen Ruhestand schicken wird. Will heißen, bis der Beamte dienstunfähig entlassen wurde, wäre er schon lange BU gewesen. Dieses Vertrauen der Versicherer wurde durch die Privatisierung von Post und Bahn und die damit praktizierte Ausdünnung des zugehörigen Beamtenapparats nachhaltig zerstört. Daher finden sich in heutigen Angeboten meist DU-Klauseln mit abweichendem Inhalt.

Die neueren DU-Klauseln wurden daraufhin so formuliert, dass man als Versicherer nicht mehr vollständig von der Entscheidung des Dienstherrn abhängig ist; zumindest dann nicht, wenn sie vom Dienstherrn zwar bejaht wird, aber objektiv gesehen gar nicht vorgelegen hat.

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