Dirk Schmidt-Gallas © Simon-Kucher
  • Von Lorenz Klein
  • 25.11.2022 um 11:12
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„Der Markt für Lebensversicherungen wird richtig eng“, meint Dirk Schmidt-Gallas vom Beratungsunternehmen Simon-Kucher. Als Folge der Inflation komme es in der Sparte zu einem „regelrechten Käuferstreik“, wie eine repräsentative Umfrage unter den Bundesbürgern ergeben habe. In der Sachversicherung sehe die Lage deutlich besser aus.

Die Inflation in Deutschland hat spürbare Auswirkungen für Versicherer und ihre Kunden – allerdings mit unterschiedlichen Ausprägungen in den jeweiligen Sparten: Während die Lebensversicherung mit einem regelrechten „Käuferstreik“ konfrontiert sei, steige die Zahlungsbereitschaft bei Sachversicherungen sogar.

Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Beratungsunternehmens Simon-Kucher & Partners. Demnach gaben 74,3 Prozent der befragten Bundesbürger an, dass für sie der der Abschluss einer Lebensversicherung unwahrscheinlicher geworden ist als Folge der Inflation. Die umgekehrte Situation sei hingegen bei Sachversicherung zu beobachten: 51,9 Prozent der Bestandskunden und 55,4 Prozent der potenziellen Neukunden sind laut der Umfrage bereit, einen höheren Beitrag zu bezahlen – und zwar bei gleichen Leistungen.

„Die Ergebnisse der Inflationsstudie zeigen, dass sich der Kompass der Kunden durch die Inflation stark verschoben hat“, sagt Dirk Schmidt-Gallas, Versicherungsexperte und Senior-Partner bei Simon-Kucher. So wollen 55,7 Prozent der Befragten eher bei der langfristigen Vorsorge und Absicherung sparen als beim Konsum und bei kurzfristigen Ausgaben. „Das ist zwar einerseits verständlich, andererseits ist die Entwicklung aufgrund der meist immer noch großen Lücke bei der privaten Altersvorsorge dramatisch“, so Schmidt-Gallas. Mehr als drei Viertel der Befragten gaben zudem an, dass sie sich im Zuge der Inflation nun weniger mit Lebensversicherungen befassten als vor dem „Anbranden der Teuerungswelle“, wie die Studienautoren mitteilten.

Lebensversicherer drohe „ein echtes Wachstumsproblem“

Dadurch entstünde für die Lebensversicherer „ein echtes Wachstumsproblem“, glaubt Schmidt-Gallas. Aus seiner Sicht kommt es für die Branche jetzt darauf an, zu ergründen, wie sich die Kunden auch in der aktuellen Situation noch dazu bewegen ließen, sich mit dem Thema Lebensversicherung zu beschäftigen – und das habe im Wesentlichen drei Gründe: 31,8 Prozent der Befragten sagten der Umfrage zufolge, dass sie trotz Inflation eine Lebensversicherung in Erwägung ziehen würden, sofern sich ihre Lebensumstände änderten. Das könnten zum Beispiel eine Hochzeit, die Geburt eines Kindes, der Kauf eines Hauses oder ein Jobwechsel sein.

Bei 20 Prozent der Befragten sei wiederum die erhöhte Sorge vor Armut der Familie ausschlaggebend, für 19,1 Prozent der Verlust des eigenen Vermögens. Ist das Interesse einmal geweckt, dann werde eine Lebensversicherung trotz Inflation vor allem abgeschlossen, wenn die folgenden drei Faktoren passten:

  • bei einem attraktiven Preis (32,2 Prozent),
  • sehr guten langfristigen Konditionen (23,8 Prozent der Befragten)
  • und einem individuellen, auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittenen Angebot (17,8 Prozent der Befragten).

Eines stehe „aber in jedem Fall fest“, ist Schmidt-Gallas überzeugt: „Der Markt für Lebensversicherungen wird richtig eng. Nur durch eine sehr spitze Ansprache der Kunden und mit scharfen Produktprofilen haben Versicherer überhaupt noch eine Chance, die verbleibenden Potenziale zu heben.“

Seite 2: Wie die Branche gegensteuern kann

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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