Vertriebscoach Frank Golz © privat
  • Von Redaktion
  • 22.12.2022 um 16:00
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Einfach alle Abläufe digital aufsetzen, und dann wird alles gut? Nicht ganz. Vertriebscoach Frank Golz spricht in seinem Kommentar über die Grenzen des vermeintlichen Allheilmittels. Und er zeigt, warum es gut ist, dass es diese Grenzen gibt.

Digitalisierung ist ein Schlagwort, das seit ein paar Jahren zunehmend gebraucht wird. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Vermittler nach einer Lösung suchen, sie sehnsüchtig herbeiwünschen, mit der alles, wirklich alles digital erledigt wird.

Überspitzt ist das dann so, dass ich einen Crawler im Internet über alle Websites laufen lasse. Dieser Crawler sucht im jeweiligen Impressum nach Daten des zuständigen Ansprechpartners und nach dem ausgeführten Business. Dieser Datensatz wird an ein E-Mail-Autoresponder-System übergeben und eine E-Mail-Sequenz aus Fragen und Antworten startet. Am Ende dieses Prozesses wird ein top Angebot automatisch mit Vergleichsrechnern erstellt und der Interessent wird per elektronischer Signatur zum Kunden. Auf meinem Konto erscheint die Vergütung für die Vermittlung, und alle Beteiligten sind vollstens zufrieden.

Irgendwann wird das wahrscheinlich möglich sein und auch so oder ähnlich umgesetzt. Wo bleibt ab diesem Moment dann der Vermittler? Richtig, er spielt nicht mehr mit! Wenn diese digitale Zukunft zur Gegenwart geworden ist, können die Versicherer auf den Vermittler als reinen Kostenfaktor verzichten.

Digitalisierung ja, aber mit Sinn. Ein Freund sagt immer: Erst Hirn einschalten dann die Technik. Digitalisieren kann man im Moment nur Prozesse, die immer wieder gleichartig durchlaufen werden. Eigentlich, ich mag dieses Wort eigentlich nicht gern J, reden wir an dieser Stelle von Automatisierung, bei der Teile eines Prozesses digitalisiert werden. Das hört sich jetzt kompliziert an, ist es aber nicht! Bei genauer Betrachtung existieren in einem Vermittlerbüro nur drei Prozessgruppen. Dabei lassen wir Büromaterialbeschaffung, Steuererklärung und ähnliche Dinge außen vor und betrachten nur den Business Kernbereich. Die drei Prozessgruppen sind 1. Akquise, 2. Verkauf und 3. Service.

Wo die größten Möglichkeiten für die Digitaltechnik stecken

Je nach Business Case besteht das größte Potenzial der Digitalisierung in der Prozessgruppe 1, der Akquise. In dieser Prozessgruppe kann, wenn es gewollt ist, die Digitalisierung zu 100 Prozent umgesetzt werden. Vereinfacht verläuft dieser Prozess dann komplett automatisch: Werbung schalten, per E-Mail-Sequenz oder Video-Tutorials offene Fragen beantworten und per Call-to-Action-Möglichkeit einen sogenannten Lead erzeugen.

In der Prozessgruppe 2, dem Verkauf, ist es unendlich schwerer, alles zu digitalisieren, da Menschen vorrangig von Menschen kaufen. Das gilt insbesondere dann, wenn eine konzeptionelle und damit sehr umfangreiche Beratung im Verkauf präferiert wird.

In der Prozessgruppe 3, dem Service, kann einiges digitalisiert werden. Die Erinnerung an Zulagenanträge, wie werden diese Zulagenanträge ausgefüllt, welche Schritte sind bei einer Schadenmeldung in welchem Umfang sinnvoll, und vieles mehr sind digitalisierbar, zum Beispiel per kurzem Video-Tutorial.

Warum Vermittler noch nötig sind

Kurz gesagt, alle Vorgänge die nicht individuell, sondern bei jedem Kunden, bei jedem Vorgang immer vollständig gleich ablaufen, sind digitalisierbar. Es bleiben genug Vorgänge, die in dieser Prozessgruppe nicht digitalisierbar sind. Noch nicht digitalisierbar sind. Und das ist auch gut so. Wo wäre sonst der Vermittler noch von Nöten? Es gibt auch genug Kunden, welche ihren Vermittler als Mensch und nicht als digitaler Prozess wahrnehmen wollen.

Gerade in der Prozessgruppe 3 kann ein Vermittler die volle Punktzahl vom Kunden einfahren und sein Dasein rechtfertigen, denn den richtigen bedarfsgerechten Vertrag zu bekommen setzt der Kunde in der Regel voraus.

Fazit: Digitalisierung ja, aber mit Verstand.

Mit 110%LABERFREIen Grüßen

Euer Frank

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