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  • Von Redaktion
  • 26.03.2014 um 20:25
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lesedauer Lesedauer: ca. 04:30 Min

„Die Wahrnehmung, die so mancher von uns hat, ist schlecht, richtig schlecht. Manchmal kann man auch sagen: niederschmetternd.“ Deutliche Worte fand GDV-Präsident Alexander Erdland jüngst auf einer Jahrestagung in Stuttgart. Dabei ging es vor allem um das Image der Versicherer – und wie man es verbessern kann. Was sind Ihre Vorschläge? Diskutieren Sie mit!

Hier gibt es Auszüge der Rede von Alexander Erdland und seine Vorschläge, wie man das Image der Versicherungswirtschaft verbessern kann. Uns interessiert Ihre Meinung: Nutzen Sie die Kommentarfunktion und geben Sie Ihren Senf dazu!

Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, heute hier zu sein, denn über die „Privatversicherung in der öffentlichen Meinung“ zu sprechen, das ist mir ein großes Anliegen. Die Wahrnehmung, die so mancher von uns hat, ist schlecht, richtig schlecht. Manchmal kann man auch sagen: niederschmetternd. Ich darf aus dem Kommentar einer Rheinischen Tageszeitung zitieren, der vor wenigen Tagen unter dem Titel „Dreiste Versicherer“ zu lesen war: Es geht um die Lebensversicherung, um Bewertungsreserven. Zitat: „Verbraucher sollten sich den Abschluss eines Vertrages gut überlegen. Aus dem liebsten Kind der Deutschen ist das finanziell unattraktivste Produkt einer skandalgeschüttelten Branche geworden.“ Solche Kommentare machen mich ein Stück weit fassungslos. Wie konnte es so weit kommen?

Wer die Frage beantworten will, der muss bereit zu einem aufrichtigen Dialog sein. Ich will offen zu Ihnen sein und mich dabei zunächst auf die Debatte um die Lebensversicherung konzentrieren, die ja länger schon im Zentrum der Diskussion steht.

„Wie konnte es so weit kommen?”

Mein erster Punkt: Haben wir Versicherer oder auch der Gesetzgeber vielleicht zu viel mit dem Produkt gewollt? Mal Risikoabsicherung, mal Absicherung fürs Alter, mal flexibler Fonds, mal klassische Kapitalanlage, mal Steuerersparnis. Doch bei all dem haben wir das Wichtigste womöglich vergessen: die Versichertengemeinschaft, das Kollektiv, das uns das hohe Maß an Sicherheit garantiert und einzigartige Kapitaleffizienz ermöglicht.

Wie viel mehr Kapital wäre nötig, wenn jeder auf sich allein gestellt wäre. Wenn wir dieses Verständnis von Versicherung noch überzeugender vertreten würden, käme es auch weniger zu dem populistischen Gegensatz zwischen der kapitalistischen Versicherung auf der einen und dem einzelnen Kunden auf der anderen Seite. (…) Ich darf das vielleicht noch klarer sagen: es gibt in der Öffentlichkeit eine Sehnsucht nach Klarheit.

„Privatisierung sozialer Risiken steht immer im Zentrum”

Ein zweiter Punkt, der unser Image wesentlich beeinflusst: Private Versicherungen sind nicht nur Angelegenheit derjenigen, die es sich leisten können. Sie betreffen Millionen, sichern existenzielle Risiken ab, sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen, wir erfüllen sozialpolitische Aufgaben. Und der Staat hat uns die Verantwortung übergeben, diesen Auftrag zu erfüllen.

Das kann aber nicht funktionieren, wenn der Eindruck aufkommt, dass wir seine Förderung missbrauchen. Sie wissen: Das Für und Wider der Privatisierung sozialer Risiken steht im Zentrum der sozialpolitischen Debatte, in jedem Wahlkampf, auf jedem Parteitag, bei jeder politischen Reformdiskussion stehen wir unter Legitimationsdruck.

„Wir dürfen Verbraucherschützern keine Angriffsfläche bieten”

Eine dritte Komponente kommt hinzu: Der Verbraucherschutz. Die neue Bundesregierung hat den Verbraucherschutz erheblich aufgewertet und der neue Minister Heiko Maas gibt die Richtung vor. Sicher, Verbraucherschützer wirbeln manche Themen auf und man kann auch fragen, wer kontrolliert eigentlich die Verbraucherschützer? Aber wir dürfen Ihnen auch nicht zu große Angriffsflächen bieten. Denn haben sich Wahrnehmungen einer Branche erst einmal verfestigt, dringen Sachargumente immer weniger durch. Ich erlebe das ja gerade bei der Debatte um die Bewertungsreserven: Wehe, wenn es, wie in diesen Tagen, um komplexe Sachzusammenhänge geht.

Der vierte Grund für die kritische öffentliche Wahrnehmung hat mit dem fundamentalen Wandel in unserer Gesellschaft zu tun. Die Bedürfnisse unserer Kunden und ihr Verhalten ändern sich. Kunden haben heute so viel Macht wie nie zuvor. Damit einher geht eine epochale Veränderung der Medienwelt. (…) Tatsächlich haben wir es mit einer ganz neuen Härte der Berichterstattung zu tun, immer mehr Bild, immer bewegter, immer schneller. Die Redaktionen ändern sich, aus Qualitätsschreibern werden zum Teil investigative Journalisten.

Durch die Redaktionen schwappt eine Sparwelle nach der anderen und so ändert sich das Klima der Berichterstattung. Viele Journalisten sind bei dem Arbeitsdruck nicht zu beneiden; für fachliche Gründlichkeit ist kaum Zeit.

„Manche skandalträchtige Schlagzeile hätten wir uns ersparen können”

Den Journalismus in der Ära von Facebook bekommen unsere Kommunikationsabteilungen permanent zu spüren. Dazu liefern wir mit Skandalgeschichten in unterschiedlichen Varianten selbst Gründe. Ich habe das schon an anderer Stelle gesagt, manche skandalträchtige Schlagzeile der jüngeren Vergangenheit hätten wir uns ersparen können oder müssen. Für die Zukunft müssen wir ihnen den Boden entziehen. (…) Soweit der Versuch einer Analyse.

Meine Damen und Herren, wir sollten beginnen unsere Stärken zu loben. Kein Kunde hat mit seiner Lebensversicherung jemals einen Verlust seiner garantierten Leistungen hinnehmen müssen. Mit anderen Worten, eine „verkorkste Anlage zur Alterssicherung“, wie sie Minister Maas beschreibt – bei Versicherungen hat es sie nicht gegeben. Und weil wir uns als Sprachrohr der Millionen von Altersvorsorgesparern sehen, werden wir nicht müde, auf die negativen Folgen der Niedrigzinspolitik hinzuweisen. (…)

Wenn wir unser Image wirklich nachhaltig drehen wollen, so müssen wir hier ansetzen und Basisarbeit leisten, an der Wurzel des Geschäfts beginnen: beim Kunden. Die Initiativen der Branche gehen in die richtige Richtung, mit dem Verhaltenskodex, mit unserer Verständlichkeits- und der Weiterbildungsinitiative setzen wir neue Maßstäbe. So ist der Verhaltenskodex für den Vertrieb jetzt im Praxistest. Viele Unternehmen setzen ihn Zug um Zug um. Wir wissen, der Kodex wird ernst genommen, er ist zum Motor der Veränderung geworden. Das zu vermitteln, darin sehe ich eine ganz wichtige Aufgabe für uns und unsere Kommunikation.

„Kommunikation ist für uns der Schlüssel”

Dabei gehen wir mit neuer Strategie und neuen Formaten an den Start. Der GDV baut Workshop-Formate wie die Blackbox Lebensversicherung und zieht damit durch das Land. Wir statten Wirtschafts- und Verbraucherjournalisten quer durch die Republik mit Material und Know-How zur Lebensversicherung aus. Wir suchen den Dialog mit Gesellschaft und Politik. In unserer Studie gemeinsam mit dem Institut für Demoskopie Allensbach über die „Generation Mitte“ haben wir danach gefragt, welche Erwartungen die Menschen an uns haben. (…) Kommunikation ist für uns der Schlüssel: Um Kunden zu erreichen und zu verstehen. Kommunikation ist der Schlüssel im Spannungsfeld gesellschaftlicher Erwartungen. (…)

Unsere Kunden finden ihre Berater und das Unternehmen, mit dem sie zu tun haben, in aller Regel viel besser als die anonyme Branche. Ja, der Kunde will, dass ihm zugehört wird, menschliche Qualitäten wie persönliches Interesse, Respekt, Verantwortungsbewusstsein, sie sind noch wichtiger geworden. Und das menschliche in der Kommunikation, das fängt bei der Sprache an. Wir müssen im Alltag unseres Geschäfts eine Sprache sprechen, die unsere Kunden verstehen.

„Ja-Sager-Geschichten“ entgegenstellen

Wir müssen in der lebendigen, vielfältigen, überraschenden Wirklichkeit von heute unsere Geschichten erzählen, gute Geschichten, die zu uns passen, die unser Geschäft verständlich und eingängig machen. Es kommt also darauf an, der Geschichte der „Nein-Sager“ viele „Ja-Sager-Geschichten“ entgegenzusetzen. Ja-Sager-Geschichten, die die komplexen Rechtskonstruktionen auflösen und positive Emotionen schaffen. Ja-Sager-Geschichten, die auch zur eigenen Verantwortung ja sagen und zeigen, wo Hilfe am Menschen nötig ist.

Über zwei Millionen Ja-Sager-Geschichten könnten über die zwei Millionen Schäden erzählt werden infolge von Hochwasser, Sturm und Hagel, die innerhalb weniger Monate schnell reguliert wurden. Solche Ja-Sager-Geschichten stehen hinter der Unfallforschung, die die deutschen Versicherer betreiben. Ja-Sager-Geschichten könnten uns Sachversicherer erzählen, die über die Folgen des Klimaschutzes aufklären. Ja-Sager-Geschichten erzählen die Transport-, Kredit- und Haftpflichtversicherer, die Produktion und Mobilität für Handel, Handwerk und Industrie erst ermöglichen. Solche Ja-Sager-Geschichten erzählen im Grunde auch unsere Lebensversicherer, die tagein tagaus im Schnitt 200 Millionen Euro auf die Konten ihrer Kunden überweisen. Ich würde mich freuen, wenn wir Sie dabei an unserer Seite haben.“

Was halten Sie von der Rede? Diskutieren Sie mit!

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