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  • Von Redaktion
  • 02.06.2014 um 15:43
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Vergangene Woche hat das Bundesfinanzministerium (BMF) einen Entwurf zum „Lebensversicherungsreformgesetz“ (LVRG) vorgelegt. Von allen Seiten hagelt es Kritik daran. Wir haben die wichtigsten Aussagen für Sie zusammengefasst.

Einen Überblick zu den wichtigsten Änderungen, die das LVRG vorsieht, liefert einerseits unsere News von vergangener Woche. Das BMF hat aber auch eine Fragen-und-Antworten-Seite zum Thema zusammengestellt.  Kritik am LVRG gab es von allen Seiten. Hier die wichtigsten Aussagen.

Zum Thema Absenkung des Rechnungszinses

Der Höchstrechnungszins soll laut Entwurf von 1,75 auf 1,25 Prozent abgesenkt werden. Und zwar zum 1. Januar 2015.

Das sagt der Versicherungsverband GDV hierzu:

Der Vorschlag, den Garantiezins bereits zum 1. Januar 2015 deutlich zu reduzieren, ist gemeinsam mit der Offenlegungspflicht für Abschlussprovisionen und der Änderung des Höchstzillmersatzes nicht umsetzbar. Zudem fordert Solvency II ab dem 1. Januar 2016 eine neue Form der Eigenmittelunterlegung für langfristige Garantien bei Lebensversicherungen. Es ist nicht sinnvoll, unmittelbar vor dem Inkrafttreten von Solvency II neue Tarifgenerationen einzuführen. Eine Rechnungszinssenkung erfordert eine vollständige Neukalkulation betroffener Tarife und eine weitgehende Anpassung der Angebots- und Bestandsführungssysteme.

Eine Anpassung zum 1. Januar 2015 hätte in Verbindung mit den durch Solvency II ausgelösten Umstellungen enorme, nicht zu bewältigende Mehrfachbelastungen zur Folge.Gleichzeitig sollte diese unnötige Kostenbelastung der Kunden vermieden werden. Eine Absenkung des Rechnungszinses kann vor diesem Hintergrund erst zum 1. Januar 2016 erfolgen.

Zum Thema Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven

Laut Entwurf werden Versicherte künftig nur dann anteilig an Bewertungsreserven aus festverzinslichen Anlagen beteiligt, wenn die Bewertungsreserven einen etwaigen Sicherungsbedarf des Versicherers überschreiten.

Dazu die Verbraucherschützer vom Bund der Versicherten:

Unseres Erachtens ist auch eine teilweise Streichung der Beteiligung an Bewertungsreserven nicht zulässig. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 80/95) vom 26.07.2005 eröffnet unseres Erachtens keine derartige Einschränkungsmöglichkeit. Wir schlagen daher vor, auf eine Einschränkung der Beteiligung an den Bewertungsreserven zu verzichten. Wir möchten in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam machen, dass wir im Falle einer derartigen Einschränkung genau prüfen werden, welche rechtlichen Möglichkeiten Verbraucher und / oder  Verbraucherschutzverbände haben, um eine derartige Einschränkung gerichtlich prüfen zu lassen.

Zum Thema Ausschüttungssperre

Bei einem bestehenden Sicherungsbedarf sollen die Versicherungen keine Dividenden mehr ausschütten dürfen.

Dazu der GDV:

Mit der Verhängung der Ausschüttungssperre besteht für Unternehmen faktisch keine Möglichkeit mehr, neues Kapital aufzunehmen. Dies ist mit Blick auf die nach Solvency II geforderte Stärkung der Eigenmittelausstattung absolut kontraproduktiv. (…)  Das Aussetzen der Dividendenzahlungen signalisiert den Marktakteuren, dass zukünftige Investitionen möglicherweise über Jahre keine oder eine sehr geringe Rendite abwerfen. Sollte für betroffene Unternehmen eine Kapitalerhöhung notwendig werden, wird deren Umsetzung durch eine gebrochene Dividendenhistorie noch Jahre später maßgeblich erschwert.

Und das Institut für Transparenz in der Altersvorsorge:

Damit würden Investitionen in Lebensversicherer uninteressant. Deren Finanzierung würde erheblich erschwert. Dies könnte den Rückzug einiger Lebensversicherer vom Markt bewirken. Überlegungen von Vorständen, das Neugeschäft einzustellen und die Gesellschaft in den sogenannten Run-off zu schicken, könnten beschleunigt werden. Denn ohne langfristige Erträge macht eine Investition keinen Sinn. ‚Damit könnte sich die Regelung als Bumerang erweisen‘, gibt Mark Ortmann, Geschäftsführer des Instituts für Transparenz in der Altersvorsorge (ITA), zu bedenken.

Zum Thema Beteiligung der Versicherten an den Risikoüberschüssen

Laut Entwurf sollen Versicherten künftig nicht mehr zu 75, sondern zu 90 Prozent an den Risikoüberschüssen beteiligt werden.

Dazu das Institut für Transparenz in der Altersvorsorge:

Auch wenn dies für Versicherer schmerzhaft ist: Für Kunden ist das eine gute und sinnvolle Regelung. „Damit wird Versicherern der Anreiz genommen, zu vorsichtige Annahmen hinsichtlich der Sterblichkeit und anderer Risiken zu machen“, so Ortmann. Weiter stellt der Geschäftsführer des ITA fest: „Versicherer sollten ihre Erträge grundsätzlich aus Gebühren erzielen, die transparent vereinbart wurden.“ Ortmann fordert außerdem: „Wenn Versicherte ganz oder überwiegend an den Überschüssen beteiligt werden, sollten Versicherer Gebühren vereinbaren können, die ausschließlich dem Versicherer zustehen.

Das sagt der GDV:

Die aktuellen Beteiligungsquoten für die unterschiedlichen Ertragsquellen sind nicht willkürlich festgesetzt. Sie entsprechen den für die Versicherer mit den einzelnen Beteiligungskategorien verbunden Risiken und tragen der Notwendigkeit Rechnung, jederzeit ausreichend Risikopuffer vorzuhalten. Die 75%ige Beteiligung an Risikoerträgen stellt demnach eine sachgerechte Mindestgrenze dar. Die Erhöhung der Mindestbeteiligung auf 90 % würde die Höhe der Gesamtleistung für die Kunden nur geringfügig verbessern, während der Spielraum für die Unternehmen unnötig eingeengt würde. In der Niedrigzinsphase wäre eine solche Maßnahme kontraproduktiv.

Und das die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV):

Unter Bezugnahme auf die ab dem 1. Januar 2016 geltenden Anforderungen von Solvency II rät der Vorstand der DAV davon ab, den Mindestbeteiligungssatz der Versicherungsnehmer am Risikoergebnis auf 90 Prozent zu erhöhen, da dies den Spielraum der Lebensversicherungsunternehmen deutlich verringern würde, diese Mittel zur Stärkung ihrer Risikotragfähigkeit einzusetzen.

Zum Thema Zillmerung

Der Höchstzillmersatz soll laut Entwurf von 40 auf 25 Promille gesenkt werden.

Dazu der GDV:

Wirkungsvoller und daher besser wäre eine gesetzliche Deckelung der kalkulatorischen Abschlusskosten auf maximal 0,4 Prozent der Beitragssumme pro Jahr. Die kalkulierten Abschlusskosten dürften längstens für die ersten 10 Vertragsjahre eingerechnet werden. Dieser Vorschlag führt zu deutlich höheren Rückkaufswerten innerhalb der ersten Jahre der Vertragslaufzeit und wird damit den veränderten Anforderungen der Gesellschaft an die Flexibilität von Lebensversicherungen gerecht.

Und HonorarKonzept:

Die Absenkung der bilanziell erfassbaren Abschlusskosten von 40 auf 25 Promille wird ihnen ein profitables Wirtschaften erschweren und für manches Maklerunternehmen vielleicht das Ende bedeuten. Für Heiko Reddmann, Geschäftsführer von HonorarKonzept, steht fest: „Die Kürzung der Abschlusskosten und Provisionen stellt eine verdeckte Regulierung des Vermittlermarktes dar. Das ist der erste Schritt in Richtung Provisionsverbot. Mittelfristig wird ein umfassendes Provisionsverbot somit wahrscheinlicher.

Das sagt der Verband Deutscher Versicherungsmakler (VDVM):

Eine derartig hohe Absenkung von 40 auf 25 Promille (dies bedeutet um über 35 Prozent), greift massiv in die Betriebe der Vermittler ein, ohne dass auch nur im Ansatz der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Auch dieser Regelung begegnen deshalb massive verfassungsrechtliche Bedenken. Viel schlimmer ist jedoch, dass mit dieser Regelung dem Verbraucherschutz ein Bärendienst erwiesen wird. Viele Vermittler werden eine so deutliche Absenkung ihrer Vergütungsmöglichkeiten zum Anlass nehmen, auf die Vermittlung gegen Honorar vom Kunden umzusteigen. Dort gibt es weder eine Begrenzung der Vergütung noch Stornohaftzeiten!

Zum Thema Ausweis der Abschlusskosten

Folgender Satz soll Paragraf 61 VVG laut Referentenentwurf ergänzen:

„(3) Der Versicherungsvermittler hat dem Versicherungsnehmer die ihm für den Abschluss des Vertrages mit dem Versicherungsunternehmen vertraglich vereinbarte Provision als Gesamtbetrag in Euro mitzuteilen. Er hat dies nach § 62 zu dokumentieren.“

Dazu Schnittker Versicherungsmakler (den Blog-Eintrag finden Sie hier):

Nehmen wir mal positiv an, wir schaffen die Berechnung und den Ausweis für die Gesamtcourtage in 3 Minuten bei nur 10 Angeboten in einem Angebotsvergleich (wir lassen mal lieber die Optionen (Zahlungsweisen, unterschiedliche Einreichungsformen beim Versicherer außer Acht). Wir erstellen pro Arbeitstag rund 30 Angebotsvergleiche. Das bedeutet ein Mehraufwand pro Tag von 1,5 Stunden nur für die Erstellung des Kostenausweises oder pro Monat rund 30 Stunden. Ausgehend von einem Kostensatz von 70 Euro die Stunde (neben Löhnen inklusive aller Nebenkosten sind in den Stundensatz einzukalkulieren; Kosten für Büro, Software, Material, Fortbildung, externe Kosten wie Buchführung, Steuerberater, Versicherungen und so weiter). Allein für unseren kleinen Betrieb bedeutet dies bereits einen Mehraufwand von 2.100 Euro pro Monat, also 25.200 Euro pro Jahr.

Und der Bund der Versicherten:

Wir begrüßen die Provisionsoffenlegung im Wege eines „hard disclosure”, da nur durch diese Offenlegung die Grundmotivation des Vermittlers offenbar werden kann. Insbesondere ist positiv hervorzuheben, dass ein Verzicht des Versicherungsnehmers auf die Dokumentation nicht vorgesehen ist. Wir bedauern es jedoch, dass die über die Abschlussprovision hinausgehenden Provisionsbestandsteile nicht einbezogen werden sollen, da auch diese einen erheblichen Anreiz auf Vermittler haben können, auf Grund der hohen Zusatzprovisionen nicht bedarfsgerechte Verträge zu vermitteln. Es besteht zudem die Gefahr, dass zur Umgehung der Offenlegungspflicht Teile der Abschlussprovision in Folgeprovisionen umdeklariert werden.

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