Aufräumarbeiten nach einem Zusammenstoß zwischen Zug und LKW: Wird ein Berufskraftfahrer berufsunfähig, bekommt er seine BU-Rente. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 08.07.2015 um 19:01
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Richtig existenzbedrohend ist eine Berufsunfähigkeit nur in der Umorientierungsphase, sagt BU-Experte Philip Wenzel. Deshalb hat der Gedanke einer temporären BU-Versicherung für ihn durchaus Charme. Seinen ganzen, nicht ganz Mainstream-konformen Gedankengang, lesen Sie hier.

Die meisten Dinge auf dieser Welt lassen sich von zwei Seiten betrachten. Und weil wir meistens nur die eine sehen und dazu noch immer so gerne Recht behalten wollen, ist eine sachliche Diskussion nur selten möglich. Im Folgenden soll mal mit aller gebotenen Vorsicht die Absicherung der Berufsfähigkeit von einer anderen Seite betrachtet werden.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung sichert das existenzielle Risiko, aus gesundheitlichen Gründen außerstande zu sein in meinem Beruf – so wie er zuletzt in gesunden Tagen ausgestaltet war – ein Einkommen zu erzielen. 

Wenig Motivation umzuschulen

Wenn ich also Berufskraftfahrer war und berufsunfähig bin, erhalte ich meine versicherte Rente. Diese Rente beziehe ich so lange, bis ich wieder in meinem Beruf arbeite oder ein vergleichbares Einkommen mit einem anderen Beruf erziele.

Die Motivation umzuschulen oder an Rehabilitations-Maßnahmen teilzunehmen, dürfte relativ gering ausfallen. Das ist aber auch in Ordnung, da eben dieser Schutz vorher durch die Beiträge bezahlt wurde.

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An dieser Stelle sind zwei Dinge anzumerken:

1.    Will der Versicherte tatsächlich von da an von der BU-Rente leben und nie mehr arbeiten?
2.    Sichert diese Art der BU tatsächlich ein existenzielles Risiko ab?

Die erste Frage ist mit dem Kunden bei Vertragsabschluss zu klären. Dabei muss immer bedacht werden, dass es einigermaßen schwierig sein wird, sich als gesunder Mensch in die Lage eines Kranken zu versetzen. Homer Simpson macht auch mal Urlaub im Altenheim und genießt es, bedient zu werden. Bin ich aber auf Hilfe angewiesen und nicht mehr aus eigener Kraft in der Lage, für mich zu sorgen, sieht es meist ganz anders aus.

Durch Eigeninitiative in Lohn und Brot zurück

So sehr wir auch das Wochenende und den nächsten Urlaub herbeisehnen, wird es wohl bei den meisten so sein, dass man sich nach dem ersten Jahr nach Alternativen umsieht.

Jetzt ist die Meinung durchaus berechtigt, dass ich der Versicherung quasi Geld schenke, wenn ich durch Eigeninitiative wieder in Lohn und Brot komme und der Versicherer leistungsfrei wird.

Gesellschaft könnte sich an Umschulungsmaßnahmen beteiligen

Deswegen wäre es nur konsequent, wenn sich die Gesellschaft an Umschulungsmaßnahmen beteiligen würde und/oder bei Beendigung der BU wegen Neuaufnahme einer Tätigkeit einen Teil der Restleistung, die zu erwarten gewesen wäre, an den Kunden auszahlt. Eigeninitiative sollte ja auch belohnt werden.

Alternativ dazu wäre es auch eine Idee, wenn der BU-Schutz von da an kostenfrei weiterbestünde. Schließlich hat der Versicherungsnehmer schon bewiesen, dass er kein Interesse an Leistungserschleichung hat, sondern im Gegenteil nur für den schlimmsten Fall abgesichert sein möchte und die Berufsunfähigkeitsversicherung eher wie eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung interpretiert.

Außerdem sollte ja auch die Gesellschaft ein gesteigertes Interesse daran haben, dass sie aus der Leistung frei kommt. Unter diesem Aspekt ist es geradezu verwunderlich, wie wenige Gesellschaften derzeit aktiv Unterstützung bei gesundheitlicher und beruflicher Rehabilitation beziehungsweise Reintegration anbieten. Dabei wäre der Kunde in vielen Fällen dankbar, selbst wenn er am Ende wieder für sein Geld arbeiten muss.

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