Gerüstbau: Altbauten sind heiß begehrt, doch in Gebäuden aus der Gründerzeit können böse Überraschungen stecken. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 03.08.2015 um 15:43
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Wer sich für eine Altbau-Immobilie entscheidet, kauft die Katze im Sack. Dank niedriger Bauzinsen haben bezahlbare Altbauten heute gute Chancen auf ein zweites Leben – trotz möglicher Mängel. Über die häufigsten Schwachstellen der vermeidlichen Schnäppchen und böse Folgen durch Sanierungsstau.

Mehr als 9 Millionen deutsche Wohngebäude sind laut statistischem Bundesamt älter als 40 Jahre, 5 Millionen sogar älter als 60. Versicherer kalkulieren mithin die Schwachpunkte von Altbauten genau. Denn mit den Jahren steigt auch das Schadenrisiko. Käufer und Erben von Altbau-Immobilien sollten die möglichen Mängel kennen, denn als Versicherungsnehmer verpflichten sie sich bereits mit dem Grundbucheintrag, das Schadenrisiko im Eigentum durch entsprechende Vorsichts- und Sanierungsmaßnahmen möglichst gering zu halten.

Oben hui, unten pfui – die häufigsten Schäden

Im Keller und Sockelbereich des Erdgeschosses achten Versicherer speziell auf Feuchteschäden. Dazu zählen auch Putzschäden und spröde Fugen, die durch unzureichende horizontale und vertikale Abdichtung entstehen. Bei vielen Gründerzeithäusern und Nachkriegsbauten fehlt diese nicht selten komplett. 

Sogar bei Häusern aus den 80ern ist in ehemaligen Baugruben statt Kies, noch Schutt oder Aushub zu finden. In dem Fall dringt Wasser aus dem Erdreich ungehemmt in die Kellerwände, leicht zu erkennen an Schimmel und massiven Putzabplatzungen. Schadengutachter Reinhard Hinmüller rät in diesem Fall, den Erdgeschoss-Sockel im Bereich der Bauwerksfuge und in den Bereichen der Bauelemente mit speziellem Flüssigabdichter auszufüllen – auch um unerwünschtes Ungeziefer wie Ameisen fernzuhalten.

Rohre und Leitungen und unterdimensionierte Stromnetze

Je älter ein Haus ist, desto wahrscheinlicher sind Rohrschäden beispielsweise durch schleichende Korrosion. Sind im Gebäude noch Bleirohre verbaut, kommen gesundheitliche Aspekte hinzu. Selbst wenn nur wenige bleihaltige Bauteile in der Installation vorhanden sind, wird der derzeitige Grenzwert des gesundheitsgefährdenden Bleigehalts von 0,01 mg überschritten.

Aber auch bei den Stromnetzen gibt es Veränderungen. Reichten in Vorkriegshäusern zweiadrige Leitungen noch völlig aus, kamen später Kühlschrank, Radio und Fernseher dazu. Heute hängt eine Armada von Verbrauchern an der Strippe. Wenn zu viel Strom durch die Leitungen fließt, springt mit Glück die Sicherung heraus. Wird das Isolationsmaterial der Leitungen aber dauernd erhitzt, wird es brüchig. Im schlimmsten Fall kommt es zum Schwelbrand. „Wir raten daher auch Käufern von Häusern aus den 80er Jahren, die Elektroinstallationen überprüfen zu lassen”, so Christian Waldheim von der Oberösterreichischen Versicherung.

Das Dach: Holzwürmer und fehlende Dämmung

Spätestens nach 50 Jahren sollten Eigentümer das Dach und seine Elemente unter die Lupe nehmen. Risse in Trägerbalken oder Sägemehlspuren deuten auf Holzwürmer hin. Bei Flachdächern aus den 70ern lohnt sich ein Blick auf den Zustand der Dachpappe, die Dachneigung und den Abfluss. Bei Dachausbauten von Häusern der 80/90er-Jahre sind oft nicht UV-beständige Unterspannbahnen der Wärmedämmung porös. Ist die Folie zerstört, bildet sich Feuchtigkeit in der Dämmwolle. Die Folge ist Schimmelpilzbefall.

Sanierungsfall oder Versicherungsfall?

Sachverständige können leicht feststellen, ob eine nicht versicherte Ursache bei einem Gebäudeschaden mit hineinspielt: „Die richtige Quote festzulegen ist ab und zu aber recht schwierig. Dann wird versucht, auf dem Vergleichsweg mit dem Kunden eine Lösung zu finden”, erklärt Hinmüller. Doch selten ist ein Sanierungsfall auch gleichzeitig ein Versicherungsfall.

Hinmüller rät dazu, regelmäßige Kundendienste und Unterhaltsreparaturen dringend ausführen zu lassen, um den Wert und die Funktionalität zu erhalten. Sollten sich gewisse Schäden häufen, wird seitens des Versicherers versucht, mit dem Versicherungsnehmer entsprechende Vereinbarungen für notwendige Reparaturen zu treffen. „Lässt sich dieser nicht darauf ein, hat er in leichten Fällen mit einer Erhöhung der Prämie zu rechnen. Auch höhere Selbstbeteiligungen von 5.000 bis 10.000 Euro im Privathausbereich sind möglich. Im schlimmsten Fall wird sich der Versicherer vom Risiko trennen“, so Hinmüller.

Und was bedeutet das für Makler? Norman Wirth, Fachanwalt für Versicherungsrecht, gibt folgenden Rat: „In erster Linie ist es der Kunde selber, der weiß, was er unterschrieben und wozu er sich verpflichtet hat. Wenn sich dem Makler aber aufdrängt, dass entgegen vertraglicher Verpflichtung ein Sanierungsstau besteht, sollte er den Kunden bei der Beratung natürlich auf seine Pflichten hinweisen und das auch entsprechend dokumentieren.”

Zusätzlich gibt es eine Reihe von Fördermöglichkeiten, die Makler ihren Kunden empfehlen können:

•    Bei einem Einfamilienhaus übernimmt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für eine Altbausanierung nach Energiestandard “KfW-Effizienzhaus 100” bis zu 12,5 Prozent der Investitionskosten, maximal 9.375 Euro.
•    Die Europäische Union hat Förderprogramme aufgelegt, genauso wie Bund, Länder und viele Kommunen. Die Höhe der Finanzhilfen variiert stark.
•    Die meiste Unterstützung gibt es für die energetische Sanierung der alten Bausubstanz. Dabei wird ein Altbau durch eine bessere Isolierung und neue Fenster energetisch auf den Stand eines Neubaus gebracht.

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