Hat die Solvency-II-Richtlinie in Europa vorangebracht: Der ehemalige Binnenmarktkommissar Michel Barnier. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 25.11.2015 um 22:26
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Mit Solvency II gelten ab 2016 neue Sicherheitsregeln für die Kapitalanlagen der Versicherungsbranche. Was sich für 90 Prozent der Erst- und Rückversicherer ändert und wie die Unternehmen reagieren.

Sie wird fast jeden Versicherer treffen – die europäische Stabilitätsrichtlinie Solvency II. Denn geht es nach dem Willen der Europa-Parlamentarier (EU), wird sie ab 2016 dafür sorgen, dass die Versicherungsbranche über genug Eigenkapital verfügt, um künftige Finanzkrisen aus eigener Kraft zu überstehen.

>> „Von der Trockenübung in den Praxisbetrieb“ – hier geht’s zum Interview mit Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund zu Solvency II.

Entsprechend viele Unternehmen fallen unter Solvency II. Laut der deutschen Finanzaufsicht Bafin sollen das zirka 340 Versicherer – also etwa 90 Prozent aller Erst- und Rückversicherer – sein. Neben dem Aufbau eines großen Eigenkapitalpolsters hat die Richtlinie das Hauptziel, Versicherungsaufsicht-, Schutz und Wettbewerbsstandards in Europa zu vereinheitlichen.

Alle potenziellen Risiken müssen die Versicherer berücksichtigen

Dafür hat die EU die Vorschriften für die Kapitalanlagen der Versicherer, die Anforderungen an das Management der Unternehmen und die Berichtspflichten gegenüber der Versicherungsaufsicht und der Öffentlichkeit verschärft. In der Folge löst Solvency II die bisher geltenden nationalen Regeln für Versicherer ab und tritt stattdessen einheitlich für alle EU-Staaten in Kraft.

Was ändert sich konkret? Bislang musste die Branche für risikobehaftete Kapitalanlagen gewisse Obergrenzen einhalten. Das reicht jetzt nicht mehr: Die Unternehmen müssen für die Berechnung des erforderlichen Eigenkapitals nun „alle potenziell möglichen Risiken berücksichtigen“, schreibt das Bundesfinanzministerium in seinem Monatsbericht vom Mai 2015.

Heißt: Je riskanter ein Versicherer das Geld seiner Kunden anlegt, desto mehr Eigenkapital muss er vorhalten. So gilt für Aktien aus dem EU- und OECD-Raum künftig eine Eigenkapitalunterlegung von 39 Prozent. Greift der Versicherer zu riskanteren Aktien etwa aus den Schwellenländern, sind es sogar 49 Prozent. Immobilien müssen die Unternehmen mit 25 Prozent Eigenkapital absichern. Geringer sind die Anforderungen hingegen für Anleihen, wobei hier die Bonität eine Rolle spielt. Besonders günstig ist der Gang in Staatsanleihen, da diese als risikoarm gelten.

>> Wie die Versicherer nun planen, ihr Geld anzulegen, steht hier.

Garantien sind ein Problem

Dass Versicherer künftig gezwungen sind, mehr Reservekapital zur Seite zu legen, kommt bei Branchenexperten wie Paul Verhoeven, Berater für Versicherungen bei Towers Watson, generell gut an. Allerdings, so wendet er ein, führe Solvency II dazu, dass die Branche ihr Kapital in der Niedrigzinsphase noch vorsichtiger anlege als bisher.

Ergebnis: Auf der Einkaufsliste der Versicherer stehen weiter bevorzugt Staatsanleihen. Problem: die Renditen – denn auf zehnjährige Bundesanleihen gibt es aktuell nur 0,55 Prozent Zinsen. Im Bestand der Lebensversicherer sind jedoch noch viele Altverträge mit Garantien von 3 bis 4 Prozent.

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