Martin Gräfer gehört den Vorständen der Bayerischen an. © Sebastian Widmann
  • Von Redaktion
  • 29.06.2016 um 21:00
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Bayerische-Vorstand Martin Gräfer hat die Schnauze voll von der ewigen Riester-Diskussion. In seinem Kommentar räumt er mit den Stammtischparolen – auch der Politiker – auf und fordert: Erstmal Nachdenken bevor man Menschen mit grundlosem Dagegensein erschreckt.

Heutzutage scheint es in Mode zu kommen, alles zu kritisieren, über alles zu schimpfen und zu lästern. Als wäre ständiges Herumnörgeln der Nachweis besonderer Intelligenz und eine Auszeichnung, die man sich wie ein Bundesverdienstkreuz an die Brust heftet. Die Besserwisser finden sich haufenweise in der Politik, aber auch in manchen Redaktionsstuben – und besonders am Stammtisch.

Geradezu idealtypisch ist das momentan beim Thema Riester-Rente zu beobachten. Obwohl sich diese Altersvorsorge gerade für Bezieher geringer und mittlerer Einkommen sowie Familien mit Kindern exzellent rechnet, auch wegen der üppigen staatlichen Zuschüsse, maulen die Schlauberger vom Stammtisch, es lohne sich nicht. Oder wie es jüngst ein Slogan der Initiative Pro Riester auf den Punkt gebracht hat: „Auch beim Geld vom Staat immer noch lästern.“

Zu allem Überfluss glauben derzeit Regierungsverantwortliche, ebenfalls am Stammtisch Platz nehmen und das Totenglöckchen für die Riester-Rente läuten zu müssen. Sie sei gescheitert, behaupten einige und bringen immer neue unausgegorene Vorschläge hervor: Deutschland-Rente, Lebensleistungsrente, Erhöhung der Lebensarbeitszeit oder des Rentenniveaus – oder genau das Gegenteil. Ganz nach dem Motto „Nichts Genaues weiß ich nicht – Hauptsache dagegen“.

Wie jemand bei einer ständig wachsenden Zahl von Riester-Verträgen – derzeit immerhin 16,5 Millionen – von einem „Scheitern“ sprechen kann, bleibt ein Rätsel. Nach den aktuellen GDV-Branchenzahlen ist damit bald die Hälfte der Berechtigten erreicht.

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Das ist in der relativ kurzen Zeit des Bestehens der Riester-Rente eine hohe und erfolgreiche Durchdringung in der Bevölkerung – wohlgemerkt auf freiwilliger Basis der Bürger. Und auf freiwilligem Weg eine 100-Prozent-Quote zu erreichen ist jenseits aller praktischen Lebenserfahrung.

Gerade um fürs Alter vorzusorgen, kommt es für die Bürger auf diszipliniertes Sparen über Jahrzehnte an. Dieses nachhaltige – und zugegeben wegen sich ändernder Lebensumstände oft schwierige – Durchhaltevermögen zahlt sich am Ende aus. Das wird aber von einer Politik konterkariert, die selbst nicht dieses Durchhaltevermögen aufbringt und damit ein schlechtes Vorbild abgibt.

Denn was sollen Menschen von einem politischen Entscheidungshandeln halten, das die eigenen Gesetze und Konzepte nach wenigen Jahren schon wieder über den Haufen wirft? Wie sollen Bürger Vertrauen in eine selbst organisierte Altersvorsorge haben, wenn ihnen keine verlässlichen Rahmenbedingungen gesetzt werden?

Deshalb: Politiker (und Stammtischbrüder) sollten vielleicht erst einen Moment nachdenken, bevor sie die Menschen grundlos mit ihrem Dagegensein erschrecken.

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