Thomas Köhne ist Professor für Versicherungslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin © Hochschule fuer Wirtschaft und Recht Berlin
  • Von Redaktion
  • 05.10.2016 um 11:25
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Die EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD soll bis Ende Februar 2018 in nationales Recht umgesetzt werden. Aber noch fehlen viele Details. Thomas Köhne, Professor für Versicherungslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, erklärt, wo die Knackpunkte liegen.

Pfefferminzia: Die IDD muss bis Anfang 2018 in Deutschland umgesetzt werden. Sie gilt für den gesamten Vertrieb. Was bedeutet das?

Thomas Köhne: Auch der Direktvertrieb und Online-Portale werden reguliert, was bisher nicht der Fall war. Im Sinne gerechter Wettbewerbsbedingungen sollen alle Vertriebswege im Versicherungsbereich gleiche gesetzliche Rahmenbedingungen haben. Ich gehe davon aus, dass sich an den gewerberechtlichen Regulierungen einiges verändert, die Weiterbildung muss dort verankert werden und womöglich fallen die Portale dann auch unter die Kontrolle der IHK. Das ist aber noch offen, ebenso die Frage, wer den Direktvertrieb kontrolliert.

Über ein Provisionsverbot wurde im Vorfeld immer wieder diskutiert. Kann es doch noch kommen?

Laut IDD ist ein Provisionsverbot keine Pflicht, die Mitgliedsstaaten können es aber beschließen, was Deutschland aus guten Gründen voraussichtlich nicht tun wird. Die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa sagt indes, provisionsbasierte Vergütung tendiert dazu, Interessenkonflikte zu erzeugen. Man müsse dort sehr genau prüfen, ob Interessen verletzt werden. Durch die Hintertür droht hier ein Provisionsverbot. Damit würde die Eiopa allerdings das in der IDD verankerte Wahlrecht der Mitgliedsstaaten aushöhlen.

Versicherer und Vermittler müssen nachweisen, dass die Provision kein Nachteil für den Kunden darstellt – ein riesiger Aufwand. Hier sollte der deutsche Gesetzgeber im Sinne der Gleichbehandlung von Vergütungsarten das Thema Honorare in die Diskussion miteinbringen. Denn ein Honorar kann ebenfalls zu Interessenkonflikten führen. Es ist keine Gewähr für eine qualifizierte Beratung.

Welches Ausmaß an Transparenz fordert die IDD bei der Vergütung?

Das ist unterschiedlich geregelt. Bei den Standardprodukten müssen Sie die Art der Vergütung offenlegen, also Honorar oder Provision oder beides, aber nicht die Höhe. Was der deutsche Gesetzgeber daraus macht, wissen wir noch nicht, er könnte natürlich auch mehr Offenlegung verlangen. Bei versicherungsbasierten Anlageprodukten muss der Vermittler hingegen zwingend die Gesamtkostenquote offenlegen, auf Nachfrage des Kunden bis hin zu einzelnen Posten. Was diese umfassen, bleibt in der IDD unklar. Im ursprünglichen Kommissionsentwurf verstand man darunter nicht nur die Vertriebskosten, sondern jede Art von Provision – Abschlussprovisionen, Bonifikationen, Bestandsprovisionen. Angaben, die dem Kunden im Sinne des Verbraucherschutzes nicht weiterhelfen, sondern in eher verunsichern würden.

Ein zentraler Punkt der IDD ist die Pflicht zur Fortbildung. Welche Eckdaten sind beschlossen?

15 Stunden Weiterbildung pro Jahr. Manche glauben, dass wir mit dem System „gut beraten“ bereits gut aufgestellt sind. Wenn der Gesetzgeber die IDD streng auslegt, passt das nicht. Denn dann müsste er auch eine Prüfung der gelernten Inhalte einfordern. Zudem muss eine staatliche oder eine von Gesetzes wegen beauftragte Behörde die Fortbildung organisieren und überwachen, also die IHK oder die Bafin. Denkbar ist aber, dass der Gesetzgeber die IHK mit der Aufgabe betraut und die Umsetzung an „gut beraten“ delegieren lässt. Mit Kontrolle durch die IHK. Das ist alles noch offen.

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